1. Einleitung
Im Marketing wird grundsätzlich zwischen Marke und Logo unterschieden. Die Marke ist wesentlich mehr als nur ein Logo oder ein Name – sie wird als ganzheitliches System angesehen.
Marken beinhalten sozusagen alle Leistungen, die ein Unternehmen erbringt, sodass Kunden langfristig Vertrauen in diese Leistung haben. Das Logo hingegen gibt der Marke ein Gesicht, es gilt als kreative Schöpfung, als kleinster gemeinsamer Nenner für die Markenkommunikation.
ln der Folge wollen wir uns daher einerseits mit dem System „Marke“ aus betriebswirtschaftlicher und markentechnischer Sicht und den Gründen für eine Markenbewertung befassen; danach setzen wir uns mit der Praxis der Abgeltung von Entwurfshonoraren für Kreativleistungen und den daraus erwachsenden branchenüblichen Nutzungshonoraren auseinander.
2. Was bedeutet es, den Wert einer Marke zu messen?
Um den Wert einer Marke transparent offenlegen zu können, muss zuerst der Zusammenhang zwischen den psychologischen Werten, die eine Marke über die Kommunikation vermittelt, und der finanziellen Wertschöpfung, die eine Marke nachhaltig zur Wertsteigerung eines Unternehmens beiträgt, dargestellt werden. Eine ganzheitliche Markenbewertung bedeutet daher, dass Erkenntnisse aus den rechtlichen, verhaltenswissenschaftlichen und finanziellen Bereichen in die Bewertung einfließen müssen. Einige der wesentlichen Anforderungsmerkmale sind dabei der Verwendungszweck, die angesprochenen Zielgruppen, der identifizierte Vermögensgegenstand, die Bewertungsvoraussetzung, die Position des Sachverständigen sowie der Bewertungsstichtag. Sowohl in der ÖNORM A 6800 als auch in der DIN ISO 10668 wird darauf hingewiesen, dass die Bewertung zum jeweiligen Bewertungsstichtag auf validen Informationen und Annahmen beruhen muss, um im Wiederholungsfall das gleiche Ergebnis liefern zu können. Das schließt Daten des Markeninhabers sowie geeignete Daten von Dritten ein.
3. Branchenübliche Bewertungsverfahren
Markenbewertungen können anhand eines Ertragswertverfahrens, Marktvergleichs- oder Kostenverfahrens erfolgen. Der Anlass, die Wertkonzeption und die spezifischen Charakteristika der zu bewertenden Marke bestimmen letztlich die Wahl des Verfahrens.
Ertragswertverfahren dienen der Wert-Ermittlung von Vermögensgegenständen durch Berechnung der kapitalisierten Erträge, die mit diesen Vermögensgegenständen voraussichtlich erwirtschaftet werden. Der Ertragswert definiert den Barwert, der sich aus den zukünftigen Überschüssen aus Einnahmen und Ausgaben ergibt. Dieses Verfahren ist zur Bestimmung des monetären Markenwerts entwickelt worden – es gibt den Ertragswert einer Marke als Barwert zukünftiger Marken-Cashflows wieder.
4. Die Berechnung des Markenwerts am Beispiel von Konsumgütern
Bei der Bewertung geht man davon aus, dass ein Unternehmen für ein Markenprodukt aufgrund der hohen Bekanntheit und der daraus resultierenden Kaufintensivität sowie der Kundenloyalität sein Qualitätsversprechen mit einem höheren Preis durchsetzen kann. Natürlich gilt es auch Faktoren wie Distributionsreichweite, Händlerzufriedenheit, Wettbewerbssituation und Internationalität bei der Bewertung zu berücksichtigen – sie bilden laut ÖNORM den Markenindikatorfaktor für die Berechnung (siehe Abbildung).
Markenwertberechnung mit den in der ÖNORM definierten Markenindikatorfaktoren
Zur Bestimmung der Markenerträge vergleicht man bei spielsweise den Verkaufspreis des zu bewertenden Markenprodukts mit dem eines No-Name-Produkts derselben Kategorie, bei dem der Kunde lediglich bereit ist, den Grundnutzen in Form eines geringen Preises abzugelten. Zur Bestimmung des relevanten Marken-Cashflows müssen die für die zusätzlichen Markenerträge notwendigen Aufwendungen für die Marke berücksichtigt werden; darunter versteht man unter anderem Forschungs- und Entwicklungskosten sowie Kosten für Vertrieb und Werbung. Bei der Ermittlung des Marken-Cashflows ergibt die Differenzierung zwischen dem Marken-Cashflow pro Stück des Markenprodukts und jenem des No-Name-Produkts die Markenprämie, diese wird in Prozent vom Verkaufspreis des Markenprodukts ausgedrückt und mit dem Umsatz des Markenherstellers multipliziert. Das Ergebnis wird dann um die Unternehmensertragsteuer vermindert – so ermittelt man den Marken-Cashflow einer Periode. Mit der Zusammenfassung der einzelnen Daten aus den Analyseschritten wird die Berechnung des Markenwerts abgeschlossen.
Zur Darstellung der Plausibilität des Markenwachstums bedient man sich einer Datenhistorie, dazu verwendet man in der Regel einen Begutachtungszeitraum von fünf Jahren. Der Markenwerter errechnet sich dabei auf Basis der Umsatzentwicklung in den Perioden 1 bis 5 zum Verhältnis des Marken-Cashflows und die Wachstumsrate spiegelt das prognostizierte Markenwachstum wider. Ähnlich wie bei der klassischen Unternehmensbewertung wird der daraus resultierende nachhaltige Ertragswert als „ewige Rente“ bezeichnet. Laut DIN ISO 10668 und ÖNORM A 6800 müssen die in einer Markenbewertung verwendeten Cashflows oder andere vergleichbare Messgrößen des Markenerfolgs eindeutig der Marke zugerechnet werden können. Abhängig vom Bewertungsanlass und der Datenverfügbarkeit lassen sich für die Ermittlung und Bestimmung der Markenerträge unterschiedliche Methoden anwenden. Ein Bewertungsgutachten muss gemäß den Normen folgende Punkte beinhalten: Name, Position sowie Status des Gutachters, Bewertungszweck und angesprochene Zielgruppe(n), die Identifikation des Bewertungsgegenstands, die Wertkonzeption und die angewendeten Methoden. Wesentlich sind auch Bewertungs-Stichtag, Erstellungsdatum, Ergebnis der monetären Bewertung sowie Plausibilisierung von Annahmen, Ergebnissen und Einschränkungen sowie verwendete Datenquellen. Ein Überblick über den Rechtsbestand, die verhaltenswissenschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Aspekte sowie der Hinweis auf die Norm sollten ebenfalls nicht fehlen.
5. Anlässe für eine Markenbewertung
Die wohl häufigsten Aspekte für eine ganzheitliche Markenbewertung stellen Kauf bzw. Verkauf, Fusion von Unternehmen und/oder Marken oder die Lizenzierung einer Marke dar. Ein weiterer Bewertungsanlass für Sachverständige besteht in der Schadenersatz-Bestimmung bei Markenrechtsverletzungen oder Markenpiraterie.
Eines noch: Nicht immer geht es aber darum, gleich das ganze System „Marke“ zu bewerten; oft soll nur die optische oder akustische Ausdrucksform einer Marke – also das Logo oder der Slogan oder die Verwendung derselben auf Werbemitteln – bewertet werden. Worauf kommt es in solchen Fällen an und welche Rolle spielen dabei Nutzungshonorare?
Autor: Dkkfm. Dipl.-Graf. Manfred Enzlmüller
Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger