KeyBrands Nov/2015 – „Was die Marke wertvoll macht“
Nach Jahren eines unsicheren Umfelds erleben Marken im LEH aktuell den Hauch einer Blüte. Vor einem Burnout sind aber trotzdem die wenigsten Marken gefeit. Ein Markenwertexperte erklärt, wie man dem Phänomen vorbeugen kann.
Erleben Marken im Lebensmittelhandel einen Aufwind? Bei einer Kette mit Sicherheit. Ein Besuch beim Diskonter Hofer lässt den gemeinen Kunden schon fast gar nicht mehr glauben, dass er gerade in einem Diskonter einkauft. Denn es wimmelt nur so von altbekannten, großen Marken wie Süßigkeiten von Storck, Mövenpick, Ferrero, Toblerone oder Mars und anderen Toplabels wie Bongrain (Bresso), Danone, Coca-Cola und Rio Mare, sowie heimischen Namen à la Nöm oder Ottakringer. „Ich find‘s gut, dass es hier Marken zu günstigen Preisen gibt“, sagt Kundin Veronika P. Denn für sie symbolisiere ein Markenprodukt ein kleines Stückchen Luxus. „Für mich steht eine Kinder-Schokolade für Wohlstand, eine Clever-Schokolade dagegen für Armut“, erklärt sie. Und letzteres auch ein bisschen für Geiz, sofern man nicht am Hungertuch nage. Man sei auch schon ein wenig verwöhnt, sinniert sie weiter. So eine Schoko von Ferrero sei eben auch schön und streifenfrei verpackt, das Design nett und altbekannt und das Papierchen knistere richtig, wenn man die Riegel auswickelt. Das alles spiele bei der Kaufentscheidung eine Rolle. Und außerdem: Wenn man etwas getestet hat und es hat einen überzeugt, dann werde man eben zum Wiederholungstäter. Ob Marken im FMCG-Bereich nun generell nach einer Phase einer Private-Label-Hausse eine neue Blütezeit erleben, lässt sich so pauschal nicht sagen, weiß Laurentius Mayrhofer.
Der Geschäftsführer der Agentur „Die Markenwertexperten“ und des Instituts für ganzheitliche Markenbewertung coacht Marketingleute zahlreicher Branchen und weiß die neuesten Markenrankings aus dem Efef zu zitieren. „Wenn wir uns aktuelle Kennzahlen internationaler Topmarken ansehen, dann gibt es einige, die stark an Wert zugelegt haben. Zum Beispiel Nestlé mit fünf Prozent oder Wrigley mit sogar 31 Prozentpunkten. Andere Brands sind in ihrem Wert wiederum geschrumpft, etwa Kellogg’s und Unilever mit jeweils zehn Prozent.“ Der aus wirtschaftlichen Kennzahlen ebenso wie aus immateriellen Werttreibern zusammengesetzte Markenwert dieser Rankings werde immer dynamischer und kurzfristiger, erklärt er. Dennoch ließen sich Zusammenhänge festmachen, die zeitlos sind. Etwa dass das Vertrauen in etablierte Marken mit klar kommunizierten Werten umso höher ist, je unsicherer das Marktumfeld ist. So gehört es eben auch zum Wesenskern „guter“ Marken, dass sie dem Verbraucher emotionale Sicherheit geben.
Wenn die Marke ausbrennt
Gefährlich wird es für den Hersteller hingegen dann, wenn ein Verlust der Anziehungskraft der Marke beim Konsumenten droht – ein Prozess, der in den meisten Fällen schleichend vonstatten geht. „Es muss ein ausgewogenes, intaktes Spannungsfeld zwischen drei Komponenten bestehen, dann ist eine Marke erfolgreich“, erklärt der Experte. Erstens muss das emotionale Vorstellungsbild der Marke mit der persönlichen Wertvorstellung des Käufers übereinstimmen. Zweitens müsse die wirtschaftliche Komponente, ergo der Preis, passen. Drittens möchte jeder Kunde den für ihn besten Gegenwert (Prestige, Zeitersparnis, Spaß …) begründet bekommen. Gerät diese Ordnung durcheinander, dann droht ein Markenburnout. Mayrhofer befragte 300 heimische Unternehmen nach den häufigsten Indikatoren für eine schwächelnde Marke. Das Ergebnis: Sich verändernde Kundenwünsche (64 Prozent), steigender Preiskampf (55 Prozent), steigende Nachfrage an Billigprodukten (31 Prozent) und ausbleibende Werbeerfolge (28 Prozent) sind die häufigsten Symptome für ein drohendes Burnout. Als Beispiel nennt der Experte die Schwedenbombe von Niemetz: „Die Geschichte der Süßigkeit beweist eindrucksvoll, dass auch lange etablierte Traditionsmarken vor einem Burnout nicht gefeit sind. 2013 überschlugen sich die Ereignisse beim Unternehmen, die Probleme aber hätten schon viel früher erkennbar sein müssen.“ Schon 1996 konstatierte das Handelsblatt die Schwierigkeiten im Unternehmen, eine für den Kunden nicht mehr unterscheidbare Positionierung zum Mitbewerb, eine lieblose Warenpräsentation, Innovationslosigkeit und immer knapper werdende Budgetmittel führten dazu, dass die Marke immer weniger wahrgenommen wurde. Als weiteres Fallbeispiel nennt er die von Manner produzierte, im Jahr 1890 erfundene Wachauer Schnitte. Auch hier kochten im Oktober 2010 die Emotionen der Wachauer-„Fangemeinde“ hoch, als der Hersteller das Produktionsende bekanntgab. Die Schnitte mit Schokoüberguss schaffte es nicht mehr, der gestiegenen Konkurrenz Paroli zu bieten. Auch in diesem Fall wurden Marketing und Werbekosten eingespart, was der Marke am Ende den Todesstoß versetzte.
Die Kardinalfehler der Markenführung
Käufer für dumm halten.
Unterschätzen Sie nie den Konsumenten! Fühlt er sich betrogen, dann hört er nicht nur auf, die Marke weiterhin zu kaufen, sondern rächt sich an ihr, indem er seine negativen Erfahrungen teilt und multipliziert. Umgekehrt zeigt etwa das Beispiel Schwedenbomben und Wachauer Schnitte, dass er eine Wiederbelebung von totgesagten Marken mittragen und forcieren kann.
Unreflektiert handeln.
Der Markenkunde ist auch Markenbotschafter und möchte mitgestalten. Markenführungs- und entwicklungsprozesse müssen zunehmend mehrdimensional gestaltet werden. Labels benötigen eine regelmäßige Reflexion durch regelmäßige Abfrage der Markenwahrnehmung bei Anwendern, Mitarbeitern und Stakeholdern.
Davon ausgehen, dass Alleinstellung rein emotional und mit Marketing erreicht werden kann.
Das bringt auch den Mitbewerb auf „gute Ideen“, die schnell nachgeahmt oder sogar überboten werden können. Alleinstellungsmerkmale auf Produktebene hingegen, die auf Grundlage echter Innovationen entstehen und damit auch patent-/muster- oder markenschutzrechtlich abgesichert werden, sind wertstabiler und nachhaltiger.
Nach dem Credo „was gestern erfolgreich war, wird auch morgen funktionieren“ vorgehen.
Die Spielregeln, die Gesetzmäßigkeiten in Marketing und Vertrieb ändern sich praktisch täglich.
Die Marke ständig verändern. Halten Sie am Markenkern fest!
Reagieren Sie zwar auf Trends, aber ohne die Seele des Labels zu verletzen.
Die Phasen erkennen und handeln
Anhand der beiden heimischen Süßwarenmarken ließen sich auch die Phasen des Markenburnouts gut veranschaulichen: Zuerst nimmt das Interesse der Zielgruppe an den Mitbewerbern zu und der Handel fordert Preisnachlässe, damit die Marke gelistet bleibt. Dann schwindet peu à peu die Unterscheidbarkeit der Marke zu den Mitbewerber-Produkten, wogegen das Unternehmen mit eher erfolglosen Preisaktionen reagiert. In der dritten Phase werden die Misserfolge schließlich im Unternehmen evident und die Frustration beginnt sich in der Führungsriege und im Mitarbeiterstab auszubreiten. Doch was tun, damit es nicht soweit kommt? Eine strategische Markenführung sei eine der Kernaufgaben des Markenmanagements und der einzig langfristige Ansatz zur Vermeidung eines Burnouts, entgegnet Mayrhofer. Konkret meint er damit den konsequenten Prozess, eine Marke von einer Ist- in eine Soll-Positionierung zu führen. „Das umfasst eine systematische Beobachtung und Mitgestaltung der Wahrnehmung der Marke am relevanten Markt. Hauptziel ist es, die eigenen Produkte von den Konkurrenz- Angeboten in einer für Zielgruppen bedeutsamen Art und Weise abzuheben. Markenführung bedarf daher einer langfristigen, stringenten Verfolgung von gut formulierten Zielen.“ (Autorin: Natalie Oberhollenzer)
Quelle
Quelle: Key-Account.at, Bericht als PDF