Werbemonitor 04/16 – „Deine, meine oder unsere?“
Im Zeitalter der Digitalisierung erscheint das Thema Kooperationen für EPU und Kleinunternehmen attraktiv. Aber auch Weltmarken wie Apple und BMW oder Henkel und Alessi machen gemeinsame Sache. Dabei wird deutlich, dass jede Allianz – geplant oder unbeabsichtigt – immer ganz konkrete Auswirkungen auf die beteiligten Marken selbst hat. Welche inhaltlichen, strategischen und rechtlichen Aspekte entscheiden über Top oder Flop?
Kooperationen haben oft langfristige Auswirkungen und es gibt Zeiten, in denen beide Partner auf die Probe gestellt werden. Je nach Branche, z. B. Marketing, Kommunikation oder Werbung, können die Unternehmen miteinander ein Konzept entwickeln. Aber auch hier macht sich eine frühzeitige Investition in externe Beratungsleistungen durch Unternehmensberater oder Juristen vor der endgültigen Bindung schnell bezahlt! Vor allem beim Thema Marke oder Co-Branding verbergen sich oft blinde Flecken, die später gefährlich werden können.
Werte als gemeinsame Grundlage
Beginnen wir mit inhaltlichen Aspekten von Markenkooperationen. Gemeinsame, abgestimmte Ziele und Werte sind bekanntlich die Basis einer funktionierenden Zusammenarbeit (vgl. Werbemonitor 03/16, S. 24f.). Während sich die Kooperationspartner – das Ziel bereits vor Augen – oft sehr schnell auf gemeinsame Werte einigen können, wird gerne auf die Kunden vergessen: Klar ist, dass die Zielgruppen möglichst übereinstimmen sollten.
Empirische Erhebungen bei Topmarken beweisen aber auch, dass Entscheidungsträger die vermittelten Unternehmenswerte und die relevanten Kaufmotive häufig anders wahrnehmen als die Kunden. Kooperationen verändern zusätzlich die Wahrnehmung der Markenwerte, wobei das Imageprofil der schwächeren Marke meist von der Markenstärke des Partners mit höherem Image zehrt. Das kann Letzteren auch nachhaltig schwächen!
Sinn macht es daher, auch für kleine Unternehmen, die aus Sicht der Kunden wahrgenommenen Werte empirisch vor und nach Kooperationsbeginn von einem Marktforschungsunternehmen erheben zu lassen. Eine weitere Möglichkeit ist die Customer Journey. Die sogenannte „Reise des Kunden“ setzt sich aus verschiedenen Schritten zusammen, bevor er sich für ein Produkt oder eine Dienstleistung entscheidet. Dazu zählen die sogenannten Touchpoints wie Website, Inserat oder Werbespot und auch Bewertungsportale oder Blogs. Es stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, eine Customer Journey durchzuführen, bei der sich schnell zeigt, wohin die gemeinsame Reise gehen soll.
Gemeinsame Marken entwickeln
In vielen Fällen führt die Kooperation zur Entwicklung einer gemeinsamen Produkt- oder Unternehmensmarke. Werden hier bereits Konzepte, Namen und bestehende Lösungen oder andere immaterielle Vermögenswerte zur Kooperationsmarke von einzelnen Partnern beigesteuert, sind jedenfalls die Dokumentation der Urheber- und Inhaberschaft sowie eine gemeinsame Wertbestimmung zu empfehlen. Erfolgt die Markenentwicklung gemeinschaftlich, ist sehr oft davon auszugehen, dass das Urheberrecht an daraus entstandenen Werken allen Miturhebern zusteht. Und nicht jeder Kooperationsversuch führt zu einer langfristigen Unternehmenspartnerschaft. Ratsam ist es daher, sich schon bei Anbahnung einer möglichen Kooperation über diese Aspekte klar zu werden und entsprechende Regelungen zu vereinbaren.
Co-Branding und Ingredient Branding
Nicht jede Kooperation zielt langfristig auf eine Fusionierung der bestehenden Marken oder Neuschaffung einer gemeinsamen Marke ab. Bei einem Co-Branding gehen zwei etablierte Marken eine Kooperation ein, die für die Zielgruppe einen Mehrwert – egal ob Produkt oder Leistung – ermöglicht, den einer der beiden Kooperationspartner alleine nicht bieten könnte. Wenn eine Marke nur als Bestandteil eines anderen Markenproduktes erhältlich ist, spricht man von Ingredient Branding, wie es beispielsweise von GORETEX® bekannt ist. Welche Art der Kooperation auch immer eingegangen wird – die Verwendungsrechte an der jeweils anderen Marke müssen detailliert und verbindlich mit Rechten und Pflichten geregelt werden.
Checkliste für eine gelungene Markenkooperation
- Wer bringt welche immateriellen Güter (Konzepte, Logos und Markenzeichen, Patente, Muster, Namen, Methoden, Verfahren etc.) in die Kooperation ein?
- Wie wird der Wert dieser Einbringungen festgestellt?
- Sind Urheberschaft und Inhaberschaften dokumentiert?
- Wie wird der Rechtsschutz der Marken, Muster, Patente etc. geregelt und wer ist Inhaber?
- Was passiert bei Abbruch oder Scheitern der Kooperation?
- Wer darf die gemeinsam entwickelten Marken, Namen, Leistungen und Produkte wie verwerten?
- Sind Kooperations-, Franchise- und Lizenzverträge rechtlich geprüft und ratifiziert?
- Welches Know-how für die Markenführung ist vorhanden?
- Werden die Beratungsmöglichkeiten und Förderungen der WKO in Anspruch genommen?
- Sind alle haftungsrelevanten Fragen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Partner, aber auch gegenüber gemeinsamen Kunden geklärt und vertraglich geregelt?
Quelle
Quelle: Werbemonitor.at, Artikel als PDF laden