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Beitratstitel Preisfrage Werbemonitor Ausgabe 03_2022

Preisfrage

Werbemonitor 03/22 – Preisfrage

Es geht eben nicht immer nur ums Geld, wenns ums Geld geht!

Selten scheiden sich die Geister bei einem Thema so sehr wie in der Frage des Preises in der Werbebranche. Da gab und gibt es eine unglaubliche Kluft in Sachen Wahrnehmung zwischen Auftraggebern und Werbedienstleistern. Warum ist das so? Warum unterscheidet sich das Verständnis in Sachen Preisgestaltung so eklatant? Anlass, einen näheren Blick auf derartige Veränderungsprozesse zu werfen.

Beide Seiten sollten sich intensiv ihre Gedanken machen … Am besten jeder für sich. Für die Werbedienstleister bedeutet das, sie „schielen“ gemeinhin ein bisschen auf den Mitbewerb und positionieren sich dann, am liebsten im oberen Drittel – weil es nun einmal keine festgeschriebenen Stundensätze in der niederösterreichischen Werbebranche (siehe Infokasten auf S. 23) gibt. Und die Auftraggeber wollen den Job erledigt haben – am besten ganz unkompliziert, wenns geht schon gestern und kosten darfs schon was, ja, aber halt nur a bisserl … Es ist ja auch nicht viel Aufwand! Wie soll und kann man als Kreativer denn da seinen Preis rechtfertigen sowie glaubwürdig vertreten und vor allem: Kann einem die eigene Positionierung bei der Preisforderung helfen?

Argumentieren Sie glaubwürdig

Ja, Ihre Positionierung kann helfen, wenn Sie künftig Ihren Preis vernünftig und glaubwürdig argumentieren. Sie müssen verschiedene Denkansätze nutzen, wenn Sie sich auf Preisverhandlungen vorbereiten – Sie wissen doch schon, dass Sie Ihre Preise verteidigen müssen!

Argumentieren Sie in jedem Fall mit Ihrem Mehrwert: Sie verfügen über eine Ausbildung, Professionalität, Erfahrung und Know-how, das Ihrem Gegenüber fehlt, sonst würde es diese Leistungen nicht bei Ihnen anfragen. Über Ihren Ruf, Ihre Qualitätskriterien und Ihre Kompetenz wird Ihr potenzieller Kunde also schon nachgedacht haben.

Untermauern Sie alles doch anhand von konkreten Beispielen! Zeigen Sie Referenzen, berichten Sie von erfolgreichen Projekte sowie zufriedenen Kunden; und wenn Sie Auszeichnungen oder gar Werbepreise vorzuweisen haben – tun Sie es!Schildern und besprechen Sie ganz genau, wie so ein Projekt bei Ihnen abläuft. Der Auftraggeber muss genau verstehen, was warum wie lange dauert.

Welche Argumente oder Hilfestellungen helfen Ihrem potenziellen Kunden, Ihr Angebot zu akzeptieren?

Gerade bei kreativen Arbeitsprozessen laufen im Hintergrund ganz viele Dinge ab, über die ein Außenstehender ja gar nichts wissen kann, wenn Sie ihn nicht einweihen. Setzen Sie nichts voraus – woher soll Ihr potenzieller Kunde wissen, wie Sie arbeiten, wie Sie intern an Projekte herangehen und welche Arbeitsschritte notwendig sind, um das vereinbarte Ziel zu erreichen? 
Und vergessen Sie bloß nicht einen ganz wichtigen Punkt: Bringen Sie in Erfahrung, wie Ihr potenzieller neuer Auftraggeber tickt – und zwar jetzt, zu Beginn Ihrer „Beziehung“. Auch das kann Ihnen helfen, Ihren Preis zu argumentieren.

Wie soll und kann man als Kreativer seinen Preis rechtfertigen?

Für manche stehen die eigene Zeitersparnis und der Service im Vordergrund, manche möchten sich mit einer Werbeagentur „schmücken“ und wieder andere möchten Ihnen künftig ja voll und ganz freie Hand lassen, wenn Sie sie davon überzeugen können, dass Sie ihr Vertrauen verdienen und Ihr Geld auch wirklich wert sind. Werden Sie künftig mit dem Chef persönlich zu tun haben oder übergibt er Sie samt Ihren Leistungen und Ihrem Angebot an eine andere Person im Unternehmen? Dann sollten Sie diese in Ihre Preisargumentation unbedingt einbinden, denn wenn Sie Ihren direkten Ansprechpartner überzeugen können, haben Sie einen wichtigen „Fürsprecher“, wenns ums Geld geht!

„Rabatt“ und „zu teuer“ … was nun?!  
Jetzt haben Sie sich womöglich zwei oder noch mehr Stunden lang die Seele aus dem Leib geredet, auf Ihre Kompetenz und Erfahrung verwiesen, erfolgreiche Projekte vorgestellt und mehr Einfühlungsvermögen an den Tag gelegt als jeder Mentalcoach, um Ihre Preise zu untermauern und zu argumentieren – und aus dem Mund Ihres Gegenübers kommen die Worte „zu teuer“ und „Rabatt“.

Achten Sie jetzt vor allem darauf, dass Ihre Gesichtszüge nicht entgleisen. Oftmals ist das nur ein Versuch des „Gegners“, Sie aus der Reserve zu locken und zu einem niedrigeren Angebot zu zwingen. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen und fragen Sie nach, womit Ihr Preis denn verglichen wurde. Möglicherweise sind im Angebot des Mitbewerbs Leistungen, die Sie erbringen werden, gar nicht enthalten. Oder wie sicher ist der Auftraggeber denn, dass Ihr Konkurrent bei einem so niedrigen Preis seine Versprechen einhalten und seine Leistungen auch in der zugesagten Qualität liefern wird?

Fragen Sie nach, welche Argumente oder Hilfestellungen Ihrem potenziellen Kunden helfen würden, Ihr Angebot zu akzeptieren; offerieren Sie Zusatzleistungen, anstatt Kürzungen zu akzeptieren! Und bieten Sie unbedingt alternative Zahlungsvarianten – das Angebot von Zahlung nach Projektfortschritt, Leistungsmodulen oder aber einfach nur in Teilbeträgen wird oft sehr bereitwillig akzeptiert und dann spielt Ihr Angebotspreis oft gar keine so große Rolle mehr …

Verkaufen Sie nur nicht Ihre Seele …

Wichtig ist, dass Sie sich auf ein Gespräch zur Argumentation Ihres Preises sehr gut vorbereiten: Überlassen Sie nichts dem Zufall und haben Sie auf jede potenzielle Frage eine Antwort parat. Am Ende des Tages entscheiden aber Sie selbst, ob und wie dringend Sie ein bestimmtes Projekt, einen angefragten Auftrag haben wollen und wie weit Sie dafür bereit sind, dem Auftraggeber entgegenzukommen. Verkaufen Sie nur nicht Ihre Seele … Sie würden es bereuen.

Checkliste „Preisargumentation“ – Sieben Schritte, um Ihren Preis glaubwürdig zu vertreten

Die folgenden Denkansätze können Hilfestellung zur Vorbereitung von Preisverhandlungen und Bewusstseinsbildung liefern. Es sind Ihre persönlichen Strategieanker zur Preisverteidigung! Gehen Sie Frage für Frage durch und bewerten Sie in einem zweiten Durchgang kritisch, welche der Argumente aus Sicht des Mitbewerbs und des Kunden am glaubwürdigsten sind.

1. Formulieren Sie den Mehrwert Ihrer Leistungen und Angebote konkret und schriftlich:

  • Welche Ausbildung bringen Sie mit?
  • Wo liegen Erfahrungsvorsprünge und Ihre Expertisen?
  • Welche Partner (und deren Kompetenzen) bringen Sie mit ins Projekt ein?
  • Welche konkreten Vorteile bringen diese Kompetenzen Ihrem Auftraggeber?

2. Definieren Sie die konkreten Qualitätskriterien für Ihre Leistungen und dokumentieren Sie, ob bzw. wie Sie diese Ihrem Auftraggeber erklären, aber auch nachweisen könnten:

  • Leistungsverfügbarkeit
  • Beratungskompetenz
  • Qualitätskriterien
  • Rechtssicherheit (z. B. urheberrechtliche Sicherheit, Markenrecht, Hinweispflichten bei Verpackungen oder Lebensmitteln, werberechtliche Beschränkungen …)
  • Nachvollziehbarkeit der erbrachten Leistungen (Dokumentation und Leistungstransparenz …)
  • Welche Normen und Standards stützen Ihre Arbeitsweisen?
  • Untermauern Sie Ihren Qualitätsanspruch mit konkreten Beispielen (Referenzen, Werbe-/Kreativpreise, Auszeichnungen, Anzahl an mängelfreien Projekten und Kunden etc.).

3. Wie tickt Ihr Auftraggeber?

  • Was ist ihm besonders wichtig?
  • Womit oder warum können Sie diese Erwartungen bei der Leistungserbringung sicherstellen?
  • Welchen Mehrwert kann er sich von Ihrer Leistung erwarten (Zeitersparnis, Service, Beratung, Pflege, Betreuung, Image, Prestige, Sicherheit, Produktvorteile, Bequemlichkeit, Vertrauen etc.)?
  • Nimmt er sich für eine persönliche Angebotsbesprechung Zeit? Falls nicht, wie wichtig kann ihm dann sein, Ihre Leistungen zu verstehen?

4. Führen Sie sich immer wieder Erfahrungen mit bisherigen Projekten vor Augen, in denen Sie bei Preisverhandlungen hart geblieben sind oder zu stark nachgegeben haben. Was sind Ihre Learnings daraus?

  • Wirtschaftliche Rentabilität?
  • Wertschätzung und Dankbarkeit des Kunden?
  • Preisminderung vs. Nachsicht bei Qualitätskriterien?

5. Wie gestalten Sie Ihre Prozesse zur Auftragserfüllung? Wie können Sie diese Ihrem Kunden verständlich machen und damit Ihre Forderungen untermauern?

  • Beratungsabläufe und Dokumentation
  • Nutzbarkeit der Leistungen und Ergebnisse über das Projekt hinaus?
  • Welche Abläufe erfolgen intern, von denen der Kunde nur weiß, wenn Sie ihm eigens davon erzählen?
  • Wie viele Arbeitsschritte sind notwendig, um das vereinbarte Ziel zu erreichen? Dokumentieren Sie diese Ihrem Kunden (z. B. als Ablaufdiagramm).

6. Ihr Kunde spricht von „Preisnachlass“ und „zu teuer“! Was fragen Sie dann am besten?

  • Sie haben diese Leistungen und Kriterien gefordert …(aufzählen und dokumentieren): Worauf würden Sie bei unserem Angebot für ein Entgegenkommen verzichten wollen?
  • Zu teuer: Womit haben Sie verglichen? Möglicherweise hat der Mitbewerb Leistungen aus dem Angebot ausgenommen.
  • Nutzungsdauer: Wie lange wird der Kunde Ihre Leistungen und Ergebnisse gewinnbringend nutzen und den unternehmerischen Wert dadurch steigern?
  • Mitbewerb: Wie können Sie sicher sein, dass der Mitbewerb bei einem so niedrigen Preis seine Versprechen einhalten wird?
  • Hilfestellung: Welche Argumente oder Hilfestellungen würden Ihnen helfen, unser Angebot zu akzeptieren (Zusatzleistungen offerieren statt Kürzungen akzeptieren)?
  • Zahlung: Wäre Ihnen ein anderer Zahlungsmodus lieber (Lizenzen, erfolgsorientierte Zahlungsvarianten, Zahlung nach Leistungsmodulen und Projektfortschritt …)?

Bitte beachten:

  • Billig einzukaufen bedeutet nicht gleich preiswert.
  • Signalisieren Sie, dass Ihr Kunde, wenn er über den Preis verhandelt, kein Gegner für Sie ist, sondern dass ihm Ihr Wohlergehen und ein Projekterfolg am Herzen liegen.
  • Machen Sie klar, dass Sie alle Positionen sorgfältig kalkuliert haben und warum Sie seriöserweise wenig Spielraum für Rabatte oder Preisnachlässe haben.

7. Wenn folgende branchenüblichen Leistungen und Honorare stören?

  • Abstands-/Präsentationshonorar: Laut Bundesvergabegesetz sind alle Leistungen, die über ein gewöhnliches Angebot hinausgehen, entgeltlich!
  • Nutzungshonorare, nutzungsrechtliche Einschränkungen und andere Schutzrechte: Klären Sie über rechtliche Einschränkungen und Haftungsrisiken auf! Fragen Sie, ob auch der Mitbewerb die gleichen Rechtssicherheiten bieten kann oder überhaupt im Angebot dokumentiert hat.
  • Was ist branchenüblich in Bezug auf Stundensätze oder Projekthonorare?
  • Klären Sie auf Hinweisvorschriften im Sinne der Fachverbands-AGB auf und beweisen Sie Fachkompetenz.